Antoni Tàpies
„Ein Künstler muss alles erfinden, das Erlernte vergessen und sich kopfüber ins Unbekannte stürzen.“ (ART 9,23)
Aussage zu dem Thema Farbe „rot“:
Ich habe mich in den vergangenen Monaten immer wieder mit dem Thema Kopf und Portrait auseinandergesetzt und diesmal dieses Thema mit der Vorgabe „Rot“ in Verbindung bringen wollen. Bei der Entstehung meiner Bilder hat die Farbe die primäre Rolle gespielt. Dabei wirkt rot auf mich stark anregend, ja manchmal sogar aufregend, aufwühlend und Spannung erzeugend und es stellt sich auch schnell eine Assoziation zu Blut, Fleisch und Verwundung her. Das querformatige Bild soll dies zeigen, nämlich einen tibetischen Straßenverkaufsstand an dem geschlachtete Tiere und Fleisch verkauft werden (dieses Bild stammt natürlich nicht aus der Köpfeserie) den ich vor einigen Jahren auf einer Reise dorthin gesehen und fotografiert habe.
Bei den Bildern mit den Köpfen entstehen diese Formen oft zufällig, mach mal aber auch gesteuert und so entwickelt sich aus dem Spiel mit der Farbe eine selbständige Form, mehr oder wenig stark hervortretend. Bei den freieren Arbeiten will ich dem Betrachter die eigene Phantasie nicht ganz nehmen, sich seine eigenen Gedanken zum Bild zu machen oder auch seine eigenen Formen herauszusuchen.
Aussage zu meinen abstrakten Bildern:
Die Entstehung vieler meiner abstrakten Bilder beginnt zunächst mit emotiona-len, also gefühlsbetonten Arbeitsgängen, bei denen Untergrundstrukturen und Farbe wenig zielorientiert und gelegentlich auch zufällig aufgebracht werden. Durch Überarbeitungs- und Überschichtungsvorgänge wird so die Bildfläche immer mehr verdichtet. Man nennt dies elementare Malerei. Farbfluss, Strukturen und Oberflächengestaltung unterliegen während dieser Malphase natürlichen und physikalischen Gesetzmäßigkeiten. Was in dieser Phase auf der Leinwand passiert, kann nur die Natur selbst abbilden und ist durch Menschenhand kaum nachvollziehbar.
Wenn das Bild dann einen Zustand erreicht hat, in dem ich als Maler rational eingreifen will, setzt für mich der intellektuelle Bildsteuerungsprozess ein. Wie das Wort „rational“ besagt, also vernünftig, berechnend, überlegend, ordnend, greife ich dem Arbeitsbetrieb anpassend, in die Bildgestaltung ein. Je nachdem, ob das Bildergebnis ein rein farblicher Ausdruck sein soll, ob Raum und Tiefe entstehen sollen, ob Spannung im Bild entstehen oder das Ergebnis eher einen beruhigen- den Ausdruck haben soll, steuere ich, mit allgemein gültigen Gesetzmäßigkeiten der Bildgestaltung, den weiteren Arbeitsprozess. Wichtig erschien mit z.B. in dem Bild „Boote im See“ die Findung der Horizontlinie in Annäherung an den goldenen Schnitt oder in dem Bild „Große Apfelform“ die Bildung einer großen, dem Bild Ruhe gebenden großen Form, die eine Assoziation an einen Apfel vermittelt.
In der letzten Konsequenz bleibt es aber dem Betrachter überlassen, aus meinen Bildern andere Assoziationen mit dem Gesehenen zu verknüpfen.
Aussagen über meine eigene Malerei:
Der Inhalt der hier ausgestellten Arbeiten bezieht sich auf meine Nepalreise im Herbst 2006. Ich war mit einer fünfwöchigen Expedition zum 7.134 m hohen Tilichopeak im Annapurnagebiet unterwegs (bei der wir leider wegen zu großer Schneemengen den Gipfel nicht erreichen konnten) und dokumentierte meine Eindrücke, quasi als Tourentagebuch, in ca. 60 Farbskizzen, Zeichnungen und Gesteinsfrottagen. Ein Teil davon befindet sich in der heutigen Ausstellung.
Arbeitsschwerpunkt war anschließend das Herausfinden von Fragmenten aus meinen Skizzen, die ich wiederum aus der Natur entnommen hatte. Ein neues Montieren, Ordnen, Malen und Übermalen und teils Überkleben lies mich nochmals unterwegs sein und lies mich ein weiteres und weiteres Mal das schon Gesehene nochmals erleben, in meinen nunmehr individuellen und visuellen Vorstellungen. Das Arbeiten anhand von eigenen Skizzen und Entwürfen gab mir die Grundlage für eigene und nur auf mich ganz allein bezogene neue Exkursionen durch die wilde, von riesigen Gletschern und Eismassen überzogene, gewaltige Bergwelt des Himalaya.
Die Freude am Material, an der Farbe und am künstlerischen Prozess einerseits, aber auch die Bereitschaft Erarbeitetes wieder infrage zu Stellen, waren für mich wichtiger Ansatzpunkt und Basis für meine Malerei, bei der nicht zuletzt auch der Zufall einen berechtigten Platz finden sollte. So flüchtig die Skizzen, die ich oft mit frierenden Fingern bei eisigem Wind oder gleißender Sonne zu Papier gebracht habe, manchmal erscheinen mögen, die tiefen Farbtöne die sie in sich tragen, spiegeln ein Zeugnis von den wahren Eindrücken wider.
Trotz eines starken Dranges hin zur Reduktion sind meine Arbeiten von der gegenständlichen Malerei geprägt. Einen Satz von Picasso finde ich für meine Arbeiten recht zutreffend: „Nicht nach der Natur arbeite ich, sondern vor der Natur, mit ihr.“